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Resultate: Better World Contest

Im April hatte ich in Reaktion auf eine Diskussion auf Twitter den «Better World Contest» mit den 119 Risikoeigenschaften von FOTRES gestartet. Es ging um die Frage, welche Eigenschaften Politiker auf keinen Fall haben sollten

(Vorgeschichte in einem anderen Beitrag)


Sorry, es ist wirklich lange liegen geblieben. Hier nun aber die Auswertung und die Kommentierung der Abstimmung.

Es haben 113 Personen teilgenommen und insgesamt sind mehr als 994 Stimmen abgegeben worden. Die TOP TEN sind:


Ich denke, beim «Fantastischen größenwahnsinnigen Lügen» auf Platz 8 liegt am ehesten ein Missverständnis vor. Möglicherweise haben hier einige an Donald Trump gedacht. Aber mit dem «Fantastischen größenwahnsinnigen Lügen» ist ein sehr spezifisches Syndrom gemeint, das extrem selten ist. Hemmungsloses Lügen, Geltungssucht und großartige Selbstinszenierung sind hingegen häufiger und kommen isoliert oder in Form anderer Risikoeigenschaften vor. Ich vermute, dass viele, die abgestimmt haben, diese Phänomene hier quasi in einem Aufwasch werten wollten.

(Bei Trump handelt es sich übrigens u.a. um einen «Instabilen Realitätsbezug»)











Ansonsten hier mal nachfolgend die ausführlichen Beschreibungen der TOP DREI:


Platz 1: Kaltblütig manipulative Persönlichkeit (KMP)


Die Definition der Kaltblütig manipulativen Persönlichkeit lautet:


Persönlichkeitsdisposition, die sich durch einen Emotionsmangel (u.a. Gefühlsspektrum eingeschränkt, Gefühle oberflächlich, Angstempfinden reduziert) auf der einen und eine gesteigerte Egozentrik, Rücksichtslosigkeit und eine starke Manipulationstendenz auf der anderen Seite auszeichnet. Das „Weniger an Emotion“ bedingt ein „Mehr an Ich“ und ein „Mehr an Möglichkeiten“, weil Hemmungen fehlen (z.B. ausgeprägtes Lügen).


In FOTRES werden die nachfolgend genannten Merkmale bewertet, um die Ausprägung der Kaltblütig manipulative Persönlichkeit zu bestimmen (Definitionsmerkmale):


- Emotionsmangel

- Gesteigerte Egozentrik

- Rücksichtsloses Durchsetzen eigener Interessen

- Starke Manipulationstendenz


Weiter wird zu dieser Risikoeigenschaft Folgendes ausgeführt:


Psychopathie ist eines der relevantesten Konzepte in der Forensischen Psychiatrie/Psychologie der letzten 30 Jahre. Es hat insbesondere durch die von Robert Hare entwickelte Psychopathie-Checkliste (Hare, R. D. (2003). The Hare Psychopathy Checklist – Revised (2nd ed.), Toronto: Multi-Health Systems, Inc.) eine große Bedeutung für die Praxis von Risikobeurteilungen gewonnen.


In der FOTRES-Diagnostik gibt es mit der Kaltblütig manipulativen Persönlichkeit eine Risikoeigenschaft, die vermutlich auf das gleiche Phänomen abzielt, zumindest aber eine große Ähnlichkeit zu den aktuellen Psychopathie-Konzepten hat. Dieser Risikoeigenschaft liegt folgendes Modell zugrunde:


Die Kaltblütig manipulative Persönlichkeit ist geprägt durch ein „Weniger und Mehr“. Die Ausgangslage ist durch einen ausgeprägten Emotionsmangel im Sinne eines Weniger an Emotionen gekennzeichnet. Dem Weniger an Emotionen steht ein Mehr an „Ich“ gegenüber. In der FOTRES-Diagnostik wird dies mit dem Merkmal der Gesteigerten Egozentrik abgebildet. Gesteigerte Egozentrik ist durch eine außerordentliche Fokussierung auf die eigene Person und alle damit zusammenhängenden Aspekte gekennzeichnet.


Weniger Emotionen bedeuten auch weniger Hemmungen. Menschen mit weniger Emotionen und weniger Hemmungen haben Möglichkeiten, die anderen Menschen in dieser Weise nicht zur Verfügung stehen. Aus dem Weniger an Emotionen folgt also ein Mehr an Möglichkeiten.


Die Definitionsmerkmale der Kaltblütig manipulativen Persönlichkeit werden nachfolgend erläutert.


Definition Emotionsmangel:

Grundlegender, persönlichkeitsstruktureller Mangel, Emotionen zu empfinden. Eingeschränkt sind Intensität, Nachhaltigkeit und das Spektrum von Emotionen.


Der Emotionsmangel als Merkmal der Kaltblütig manipulativen Persönlichkeit ist eine grundlegende persönlichkeitsstrukturelle Disposition, die zwar auch die Empathiefähigkeit betrifft. Er ist aber nicht auf diese beschränkt. Vielmehr handelt es sich darum, dass die neurobiologischen und psychologischen Dimensionen der Emotionen weit unterdurchschnittlich ausgeprägt sind. Das zeigt sich zum Beispiel an einem eingeschränkten Spektrum, Emotionen zu empfinden. So sind üblicherweise Emotionen wie Angst, Freude oder Trauer zum Beispiel gegenüber Wutempfinden deutlich unterrepräsentiert. Vor allem werden Emotionen nicht tief, das heißt nicht in hoher Intensität und nicht nachhaltig, erlebt. Es handelt sich daher eher um kurzfristige, reaktive Gefühlsregungen. Aufgrund ihrer Kurzfristigkeit und Gebundenheit an konkrete Auslösesituationen erscheinen Emotionen eher flüchtig. Häufig erwecken sie aufgrund der fehlenden Nachhaltigkeit und der geringen Intensität den Eindruck des Oberflächlichen und Beliebigen.


Der hier beschriebene grundlegende Emotionsmangel zeigt sich in vielen Verhaltensweisen. So ist mit ihm zwangsläufig verbunden, dass die Bedeutung anderer Menschen gering ist. Sie erinnern im Leben eher an austauschbare Statisten als an autonome Persönlichkeiten, zu denen eine bedeutungsvolle Beziehung besteht. Die geringere Ansprechbarkeit durch Angst ist bereits erwähnt worden. Sie zeigt sich vor allem in der geringen Ausprägung von Hemmungen gegenüber riskantem, draufgängerischem oder offensiv strafrechtlichem Verhalten. Dem Komplex des generellen Emotionsmangels ist selbstverständlich auch – aber eben nicht nur – die mangelnde Empathie zuzuordnen.


Vermutlich hat das hier beschriebene Merkmal, das vor allem bei Psychopathen untersucht wurde, dispositionelle neurobiologische Korrelate (z.B. Blair 2005 und 2007 (Blair, R. J. (2005). Responding to the emotions of others: Dissociating forms of empathy through the study of typical and psychiatric populations. Consciousness and Cognition, 14(4), 698-718, Blair, R. J. (2007). The amygdala and ventromedial prefrontal cortex in morality and psychopathy. Trends in Cognitive Sciences, 11(9), 387-392).


Sicher ist, dass das Emotionsdefizit Raum für eine veränderte Balance in der Persönlichkeit eines Menschen schafft. Wer nicht durch Emotionen gebremst und gehemmt wird, dem eröffnet sich ein Raum von Möglichkeiten, der anderen Menschen nicht zur Verfügung steht. Dieser Raum von Möglichkeiten wird durch die drei nachfolgenden Merkmale abgebildet: Gesteigerte Egozentrik, Rücksichtsloses Durchsetzen eigener Interessen und Starke Manipulationstendenz.


Definition Gesteigerte Egozentrik:

Außerordentliche Fokussierung auf die eigene Person, auf eigene Interessen und eigene Bedürfnisse. Das Erleben, die Wahrnehmung, Gedanken und Verhaltensweisen sind stark auf die eigene Person zentriert.


Es findet eine außerordentlich starke Fokussierung auf die eigene Person statt. Damit einher geht die Tendenz, eigene Bedürfnisse, eigene Meinungen und eigene Eigenschaften überdurchschnittlich stark zu gewichten. Menschen mit Gesteigerter Egozentrik tendieren dazu, sich in den Vordergrund oder den Mittelpunkt zu spielen. Sie beschäftigen sich gedanklich stark mit der eigenen Person und eigenen Bedürfnissen.


Selbstverständlich geht mit dieser starken Fokussierung auf die eigene Person immer eine demgegenüber unterdurchschnittliche Aufmerksamkeit für andere Personen oder die Umwelt einher. Eigene Bedürfnisse werden unhinterfragt und ohne kritische Distanz als legitim erlebt. Sie sind häufig alleiniger Maßstab des eigenen Handelns (ebd. Seite 100).


Definition Rücksichtsloses Durchsetzen eigener Interessen:

Eigene Interessen werden sowohl im privaten wie im öffentlichen Bereich rücksichtslos durchgesetzt. Negative Konsequenzen für andere Personen, Anstand oder andere prosoziale Aspekte spielen eine geringe oder gar keine Rolle. Es gibt verschiedene Beobachtungen, in denen rücksichtsloses, ausbeuterisches, brutales oder aber anderes grenzverletzendes Verhalten beschrieben werden kann, das sich einseitig und ohne Rücksicht auf Verluste an den eigenen Interessen orientiert.


Die Rücksichtslosigkeit bei der Kaltblütig manipulativen Persönlichkeit ist eine direkte Folge von Emotionsmangel und Gesteigerter Egozentrik. Es liegt auf der Hand, dass die Kombination beider Merkmale dazu führt, eigene Interessen und Bedürfnisse in den Mittelpunkt zu rücken, ohne dass ihnen auf dem Weg zur Umsetzung Hürden im Weg stünden. Rücksichtslosigkeit offenbart sich vor allem darin, dass die Interessen anderer Personen oder der Umwelt keine Rolle spielen, wenn das eigene Bedürfnis nur groß genug ist. Rücksichtslosigkeit kann sich so in der milderen Variante als Gleichgültigkeit zeigen. Es gibt aber einen nahtlosen Übergang zu instrumentalisierendem, ausbeuterischem und ausgeprägt grenzverletzendem Verhalten, bis hin zu Brutalität und Grausamkeit.


Meist lässt sich dieses Merkmal auch in der Art und Weise erkennen, wie Delikte ausgeführt werden. Hemmungslosigkeit, Ignoranz gegenüber den Opfern bis hin zur Brutalität und Grausamkeit sind dabei oft deutliche Merkmale. Die grundlegende Verhaltenstendenz zur Rücksichtslosigkeit zeigt sich oft aber auch im privaten Bereich, sofern hierfür aussagekräftige Informationen vorliegen.


Definition Starke Manipulationstendenz:

Starke Tendenz, andere Menschen zu manipulieren, um sich Vorteile zu verschaffen. Hemmungsloses Lügen, Instrumentalisierung von Beziehungen, intrigantes Verhalten und eine ausgeprägte Orientierung an eigener Nützlichkeit sind mit dem Merkmal verbundene Phänomene.


Der Mangel an Emotionen, die geringere Empfänglichkeit für Angst und das dementsprechende Fehlen vieler Hemmungen schafft Möglichkeiten und Verhaltensformen, die anderen Menschen nicht zur Verfügung stehen. Grundlage der Starken Manipulationstendenz ist es, dass das innere Koordinatensystem strikt nach dem folgenden Schema aufgebaut ist: Nützt mir oder nützt mir nicht.


Diese Grundstruktur in der Wahrnehmung und im eigenen Erleben führt z. B. zur Möglichkeit des hemmungslosen Lügens. Dieses Merkmal ist aus der Psychopathie-Checkliste von Robert Hare (2003) (Hare, R. D. (2003). The Hare Psychopathy Checklist - Revised (2nd ed.). Toronto: Multi-Health Systems, Inc.) als pathologisches Lügen bekannt.


Jeder Mensch kann lügen. Normalerweise muss aber eine gewisse Schwelle überwunden werden, nicht die Wahrheit zu sagen. Denn innerlich gibt es ein Koordinatensystem, das zwischen Wahrheit (so wie sie subjektiv wahrgenommen wird) und Lüge unterscheidet. Kennzeichen einer Person mit Kaltblütig manipulativer Persönlichkeit ist es, dass dieses an der Realität orientierte Koordinatensystem nicht existiert. Es ist ersetzt durch ein Koordinatensystem, das ausschließlich an Nützlichkeit orientiert ist. In diesem Sinne fühlt sich etwas als „wahr“ – mit der gleichen subjektiv erlebten emotionalen Evidenz – an, wenn es nützlich ist. Das macht hemmungslose Lügner erfolgreich. Denn normale Menschen rechnen nicht damit, dass ein Mensch so hemmungslos lügen kann. Der hemmungslose Lügner profitiert von der weit verbreiteten Grundannahme, dass die Wahrheit doch wohl in der Mitte liegen müsse. Die Mitte ist für den hemmungslosen Lügner aber immer ein großer Gewinn zu seinen eigenen Gunsten.


Hemmungsloses Lügen ist aber nur eine Erscheinungsform der Starken Manipulationstendenz. Sie ist ein effektives Instrument, das zur Manipulation eingesetzt werden kann. Kinder und Jugendliche mit einer Tendenz zur Kaltblütig manipulativen Persönlichkeit lernen, dieses Instrument mit den Jahren immer weiter zu perfektionieren. In der Regel sind sie damit in vielen Bereichen recht erfolgreich.


Die Starke Manipulationstendenz geht aber über das hemmungslose Lügen hinaus. Es ist eine Grundausrichtung, das eigene Verhalten konsequent am Prinzip des subjektiven Nutzens auszurichten. Was diesem Prinzip dient, ist erlaubt. Der Zweck heiligt die Mittel. Weil es für diese Mittel keine emotionalen Barrieren gibt, ist das Spektrum der Mittel sehr groß. Beziehungen zu instrumentalisieren, Intrigen zu spinnen, Gefühle vorzutäuschen, verschiedene Personen gegeneinander auszuspielen … das Repertoire ist groß. Die Starke Manipulationstendenz ist im Verhalten dadurch zu erkennen, dass sie sich meist über die gesamte Biografie in verschiedenen Lebensbereichen immer wieder als Grundmuster nachweisen lässt.


Meist ändert sich das Verhalten gegenüber anderen Personen dann schlagartig, wenn diese nicht mehr für eigene Interessen nützlich erscheinen. Da Gefühle bei Personen mit Kaltblütig manipulativer Persönlichkeit wenig intensiv und daher austauschbar sind, können sie zweckgerichtet eingesetzt werden. Eine solche Person kann dabei ähnlich einem Schauspieler auf ein Repertoire erprobter, weil bereits in verschiedenen Situationen angewandter, Gefühle, Gesten oder Argumentationsfiguren zurückgreifen. Erkennbar wird die Starke Manipulationstendenz daran, dass sich viele Verhaltensweisen des Betroffenen strikt am Prinzip der Nützlichkeit orientieren. Beim Vergleich verschiedener Situationen zeigt sich deshalb trotz unterschiedlicher Erscheinungsformen ein stereotypes Grundmuster, das die zugrunde liegende Starke Manipulationstendenz offenbart.



Platz 2: Dissozialität


Die Definition der Dissozialität lautet:


Geltende Regeln und Normen sind mangelhaft internalisiert. Darum gibt es innerlich kaum oder gar keine, emotionale und/oder kognitive Hürden, um Normverletzungen zu begehen. Das rücksichtslose Durchsetzen eigener Interessen ist zusätzlich ein typisches Merkmal. Normverletzungen zeigen sich häufig sowohl in Form von Straftaten als auch im Privatleben.


Weiter wird zu dieser Risikoeigenschaft Folgendes ausgeführt:

Es wird betont, dass die mangelhafte Internalisierung geltender Regeln und Normen gemäß FOTRES die Kernproblematik der Dissozialität ist. Dabei könne die mangelnde innere Bindung an Regeln und Normen auf einer emotionalen Gleichgültigkeit, auf einer kognitiven Grundlage oder auf einer allgemeinen Haltung bzw. Weltanschauung beruhen. Hierzu heißt es:


Alle Menschen überschreiten bisweilen geltende Regeln und Normen. Viele haben selektiv zu einigen Regeln und Normen ein distanziertes Verhältnis. Dennoch ist es so, dass die Mehrheit der Bevölkerung das geltende Norm- und Regelsystem nicht grundsätzlich infrage stellt. Auch wenn einzelne Regeln und Normen überschritten werden, haben Regeln, Normen und Werte für die meisten Menschen zumindest eine gewisse Bedeutung. Das heißt, es gibt eine kognitive Bindung und in der Regel auch einen emotionalen Bezug zumindest zu den basalen Regeln und Normen einer Gesellschaft. Diese kognitiv und emotional repräsentierte Bindung wird meist umso stärker, je eher sich die Regeln und Normen im Bereich des Strafrechts und insbesondere der Gefährdung hoher Rechtsgüter bewegen.


Menschen, bei denen eine Mangelhafte Internalisierung geltender Regeln und Normen vorliegt, haben eine geringe oder gar keine innere Bindung zu einem solchen Normensystem. Selbstverständlich wird sich eine solche geringe oder fehlende Bindung in ausgeprägter Weise im Verhalten manifestieren. In aller Regel häufen sich im Laufe der Jahre strafrechtliche Verurteilungen. Darüber hinaus zeigt sich aber auch im nicht strafrechtlichen Bereich, dass z.B. allgemeine soziale Regeln für den Betroffenen nicht verpflichtend sind. Es gibt also eine geringe Hemmschwelle, soziale oder auch strafrechtliche Regeln zu überschreiten. Denn für Regelverletzungen besteht keine relevante kognitive und/oder emotionale Barriere.


Das Rücksichtslose Durchsetzen eigener Interessen ist ein weiteres Kernmerkmal der Dissozialität. Eigene Interessen werden sowohl im privaten wie im öffentlichen Bereich rücksichtslos durchgesetzt. Negative Konsequenzen für andere Personen, Anstand oder andere prosoziale Aspekte spielen eine geringe oder gar keine Rolle.


Die Rücksichtslosigkeit ist in direkter Weise eine Folge der mangelhaften Bindung an geltende Regeln und Normen. Worauf sollte man Rücksicht nehmen, wenn Normen und Regeln für einen selbst keine Bedeutung haben? Die eigenen Interessen und auch kurzfristige Bedürfnisse rücken so in den Mittelpunkt. Ihnen stehen auf dem Weg zur Umsetzung keine größeren Hürden im Weg. Rücksichtslosigkeit offenbart sich vor allem darin, dass die Interessen anderer Personen oder der Umwelt keine Rolle spielen, wenn das eigene Bedürfnis nur groß genug ist. Rücksichtslosigkeit kann sich so in der milderen Variante als Gleichgültigkeit zeigen. Es gibt aber einen nahtlosen Übergang zu instrumentalisierendem, ausbeuterischem und ausgeprägt grenzverletzendem Verhalten bis hin zu Brutalität und Grausamkeit.



Platz 3: Dominanzproblematik


Die Definition der die Dominanzproblematik lautet:


Persönlichkeitsdisposition, durch die der Betroffene das Gefühl eigener Überlegenheit, vor allem aber das Erleben der Unterlegenheit Dritter als in besonderer Weise attraktiv empfindet .


Weiter wird zu dieser Risikoeigenschaft Folgendes ausgeführt:


Es gibt zwei Möglichkeiten: Einerseits ist es häufig so, dass sich der Betroffene neben dem Tatverhalten auch in anderen Lebenssituationen dominant verhält oder gezielt dominante Positionen anstrebt. Andererseits ist es bei einer Dominanzproblematik aber auch möglich, dass sich der Betroffene in anderen Lebenssituationen überhaupt nicht dominant verhält, seinen Wünschen nach Dominanz dann aber im Tatverhalten kompensatorisch Ausdruck verleiht. Die Dominanzproblematik liegt also vor, wenn Dominanz im Tatverhalten ein wichtiges Handlungsmotiv ist.


Ein wichtiges Merkmal der Dominanzproblematik ist das damit einhergehende Kontrollbedürfnis. Es wird in FOTRES als Bedürfnis, Menschen und Situationen zu kontrollieren beschrieben. Hierzu wird ausgeführt:


Dieses Bedürfnis kommt in Verhaltensweisen, Wünschen und Einstellungen zum Ausdruck. Das Kontrollbedürfnis zeigt sich in Form von Wünschen und Verhaltensweisen, Menschen und Situationen zu kontrollieren. Die Mechanismen der Kontrollausübung können höchst unterschiedlich sein. Neben direktiven und offensiv in Erscheinung tretenden Mechanismen finden sich auch subtile Strategien, die zur Kontrolle von Situationen und Menschen eingesetzt werden.


Beispiele für eine subtile, eher indirekte Kontrolle sind: Das Auslösen von Schuldgefühlen durch depressive Reaktionsmuster oder durch die beharrliche Selektion von Gesprächsthemen. Selbstverständlich kann sich ein dominantes Kontrollbedürfnis in Form von Anweisungen, Anforderungen, Drohungen oder anderweitig grenzüberschreitendem Verhalten (bis hin zur Tätlichkeit) auch direkt zeigen.


Im Zentrum der Problematik steht naturgemäß ein stark ausgeprägtes Dominanzstreben. Dominanzstreben ist ein Bedürfnis, durch das eine Person eine bestimmende Position in Relation zu einem oder mehreren anderen Menschen oder in einer bestimmten Situation anstrebt. Es geht darum, Situationen herzustellen, die (zumindest zeitlich oder situativ begrenzt) durch ein asymmetrisches Machtverhältnis gekennzeichnet sind. Häufig werden die oben erwähnten Kontrollmechanismen zu diesem Zweck eingesetzt. Das Dominanzstreben geht aber über den Kontrollmechanismus hinaus. Das Bedürfnis, Situationen und Menschen zu kontrollieren, unterscheidet sich vom Bedürfnis, Situationen und Menschen zu dominieren.


Dominanzstreben bedingt im engeren Sinne ein finalistisches Konzept. Es geht also darum, ein bestimmtes Endergebnis zu erreichen. Es wird eine bestimmende Position angestrebt. In dieser bestimmenden Position fühlt sich die dominante Person wohl. Umgekehrt reagiert sie auf andere Rollen mit negativ empfundenen Gefühlen und negativen Kognitionen.


Das dritte Merkmal der Dominanzproblematik ist das Ignorieren der Bedürfnisse Anderer. Dieses Merkmal ist eine zwangsläufige Folge der starken Fokussierung auf die eigene Person und das Bedürfnis, eigene Interessen in den Vordergrund zu rücken. Bedürfnisse anderer Menschen (oder Lebewesen) werden ignoriert oder haben keine Bedeutung für die Handlungen der betroffenen Person.



Interpretation


1. These

Dass die «Kaltblütig manipulative Persönlichkeit» (KMP) auf Platz 1 gelandet ist, kann auch mit der aktuellen politischen Situation zu tun haben. Ich habe unter anderem in einem Podcast dargelegt, dass Putin aus meiner Sicht zur Kategorie KMP gehört.
















2. These

Es gibt in FOTRES Risikoeigenschaften, die sehr direkt (ohne Umwege) und sehr häufig zu ausgeprägt kriminellem Verhalten führen. Das ist nicht bei allen Risikoeigenschaften der Fall. So gibt es Risikoeigenschaften, die zwar zu Straftaten führen können, bei denen es dann aber die Kombination mit anderen Risikoeigenschaften braucht und der Weg zu Straftaten indirekter ist. Kurz gesagt: Manche Risikoeigenschaften führen sehr oft und direkt zu kriminellem Verhalten. Andere Risikoeigenschaften können bei Straftätern vorkommen, aber auch bei vielen Menschen, die keine Straftäter sind. Sie sind also weniger determinierend.


Die Eigenschaften, die in die TOP TEN gewählt wurden, gehören überwiegend zur ersten Kategorie. Es sind also Eigenschaften, die sehr direkt und sehr häufig zu Betrug, Ausbeutung, Gewalt und einer skrupellosen Umsetzung eigener Interessen führen.


Das ist deswegen interessant, weil es viele andere Risikoeigenschaften gibt, die man auch unter den TOP TEN hätte vermuten können. Ein Beispiel sind die sexuellen Risikoeigenschaften. Man könnte diesen Befund so interpretieren, dass die meisten eher die Haltung vertreten, Sexualität - und auch eine Sexualität, die nicht der eigenen entspricht und die gesellschaftlich negativ bewertet wird - ist Privatsache, solange sie nicht zu Straftaten führt.


3. These

Es gibt einen weiteren Befund. Generell sind unter Straftätern Männer sehr stark gegenüber Frauen überrepräsentiert. Die Risikoeigenschaften, die jetzt gewählt wurden, sind aber noch mal etwas deutlicher typischerweise Risikoeigenschaften männlicher Straftäter.


Etwas verkürzt und zugespitzt könnte man den Befund also so fassen:


Die Abstimmenden wollen keine Politiker, die skrupellos ihre eigenen Interessen ohne Rücksicht auf Verluste durchsetzen, die gewaltbereit sind, die lügen und betrügen und in diesem Sinne eine grundsätzliche kriminelle Disposition haben. Das ist deswegen interessant, weil es in dieser Klarheit etwas darüber aussagt, was die Abstimmenden zumindest in Teilen der Politik als Problem wahrnehmen.


Es handelt sich um Persönlichkeitsprofile, von denen man theoretisch denken könnte, dass sie im Widerspruch dazu stehen, als Politiker gewählt zu werden. Hier nehmen die Abstimmenden aber offensichtlich einen deutlichen Unterschied zwischen Theorie und Praxis wahr - und das kann ich persönlich nachvollziehen.


Den dritten angesprochenen Befund könnte man in einer Umkehrung wie folgt zuspitzen:

Selbstverständlich gibt es korrekte und ehrenhafte Politiker und unter dieser Gruppe auch viele Männer. Aber wenn man die unter den TOP TEN gewerteten Persönlichkeitsprofile mit einer einfachen brachialen Maßnahme verringern will, dann könnte man Folgendes sagen: Man sollte darauf achten, dass möglichst viele Frauen anstatt von Männern in politische (und andere) Machtpositionen kommen.


Klar, ist die Abstimmung nicht repräsentativ. Sie spiegelt die Einschätzung derjenigen wider, die abgestimmt haben. Ich finde das Resultat dennoch interessant und hätte es nicht unbedingt in dieser Deutlichkeit erwartet.


Eure Meinung zur Abstimmung und zu den Resultaten würde mich interessieren. Eure Kommentare sind daher sehr willkommen!



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